Frankfurt: Serielles Erfolgstrio startet weiteres Sanierungsprojekt
In Frankfurt am Main setzen die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz, das Architekturbüro von Kay Künzel und Holzbau Kappler bereits das zweite serielle Sanierungsprojekt in gleicher Konstellation um. Ein willkommener Anlass, um im Rahmen der Energiesprong on tour SUMMER EDITION einen Abstecher in die Main-Metropole zu machen.

Gackenbach: Vom Handwerk zum Handwerk 4.0
Start des beliebten Exkursionsformats der dena war das Werk von Holzbau Kappler im Westerwald. Rund 80 Interessierte schauten sich in der Fertigungshalle an, wie Fassadenelemente für die serielle Sanierung inklusive Dämmung, Fenstern, Lüftung, Leerrohren sowie der gewünschten Oberfläche computergestützt vorgefertigt werden.
Holzbau Kappler zählt zu den Frontrunnern der seriellen Sanierung. Bereits 2011 wurde das Unternehmen für ein serielles Schulsanierungsprojekt in Wiesbaden mit dem Holzbaupreis Hessen ausgezeichnet. Zu diesem Zeitpunkt war das innovative Sanierungskonzept in Deutschland noch weitestgehend unbekannt. Holger Kappler führte das Familienunternehmen mit 100-jähriger Handwerkstradition Anfang 2000 in die Moderne. Der Firmenchef beschäftigt sich seit seinem Architekturstudium mit den Themen Klima- und Ressourcenschutz. Durch Weiterbildungen zum Effizienzhausexperten und Nachhaltigkeitsauditor hat Kappler dieses Wissen kontinuierlich ausgebaut und an sein 50-köpfiges Team weitergegeben. Kunden und Kooperationspartner schätzen vor allem die besondere Expertise im Bereich nachhaltiger und energieeffizienter Gebäude.
Mit dem Fachbereich Holzarchitektur und Holzwerkstoffe der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) erarbeitet Holzbau Kappler in den nächsten drei Jahren Lösungen zur Standardisierung von Holzbauteilen als Voraussetzung für den späteren Re-Use. Neben umfassender Nachhaltigkeitsexpertise verfügt Holzbau Kappler über fundierte Digitalkompetenz. Der Einsatz von Building Information Modeling (BIM) ist hier Standard.

Frankfurt-Westend: Vom Werk maßgefertigt an den Bestand
Die bis zu zwölf Meter langen, geschosshohen Fassadenmodule werden per Tieflader vom Werk in Gackenbach zur Baustelle in der Guiollettstraße 67 transportiert. Insbesondere bei innerstädtischen Bauvorhaben, wo zahlreiche verkehrstechnische Vorgaben berücksichtigt werden müssen, lassen sich mithilfe von BIM die Transport-, Bau- und Montageprozesse im Vorfeld optimieren. Vor Ort werden die vorgefertigten Module nur noch montiert. Pro Tag sind 200 qm Fassadenfläche bei einfacher und 150 qm bei komplexer Kubatur ein realistisches Arbeitspensum. Braucht man mit konventionellen Verfahren je nach Gebäudetyp und -größe mehrere Monate, um eine Fassade zu dämmen, sind es bei der seriellen Sanierung wenige Wochen.
Das Objekt in der Guiollettstraße liegt in einem von 15 Milieuschutzgebieten, mit denen die Stadt Frankfurt Bestandsmieter vor Luxussanierungen schützen will. Laut Satzung dürfen hier keine Maßnahmen umgesetzt werden, die über die Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes hinausgehen. Dies verhindert Sanierungen auf ein ambitioniertes Energieeffizienzniveau und bremst die Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor aus. Ebenfalls untersagt sind Ausbauten der Dachgeschosse sowie Aufstockungen. Wird mehr geplant als der Milieuschutz erlaubt, ist eine Ausnahmegenehmigung auf Basis eines Bauantrags notwendig. Das führt zu Zeitverzögerungen, die sich unter Umständen über mehrere Jahre erstrecken können.
Das aktuelle serielle Sanierungsvorhaben in Frankfurt-Westend ist das zweite Projekt, das die Deutsche Stiftung für Denkmalschutz als Bauherr mit dem Architekturbüro von Kay Künzel und Holzbau Kappler umsetzt. Die Stiftung, die über eine Erbschaft an das Gebäude gelangt ist, verfolgt mit der seriellen Sanierung zwei Ziele: Einerseits will man die eigene Vorreiterrolle bei der nachhaltigen Bestandssanierung unterstreichen, anderseits aus den Erträgen den Erhalt von sanierungsbedürftigen Baudenkmalen finanzieren.

Frankfurt-Ostend: Vom Pilotprojekt zum Vorbild
Die letzte Etappe der Exkursion führte nach Frankfurt-Ostend. In der Ostendstraße 61 haben die gleichen Akteure wie in Frankfurt-Ostend ein Modellprojekt realisiert, das in vielerlei Hinsicht Maßstäbe setzt: Es ist die erste serielle Sanierung eines siebengeschossigen Gebäudes in Deutschland. Das Apartmenthaus erhielt eine neue, hochisolierte Gebäudehülle aus vorgefertigten Holzelementen. Diese sorgt für optimalen Hitze- und Kälteschutz sowie niedrige Energieverbräuche. Photovoltaikmodule auf dem Dach und Teilen der Fassade versorgen die 32 Mietparteien mit Solarenergie für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom. In Kombination mit einem Batteriespeicher, einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sowie smarter Gebäudetechnik sorgt dieses Sanierungskonzept dafür, dass die höchste Energieeffizienzklasse KfW 40 Plus erreicht wird.
Die Bewohnerinnen und Bewohner sind somit unabhängig von fossilen Brennstoffen und damit dauerhaft vor steigenden Energiepreisen geschützt.
Begrünte Dachgauben und entsiegelte Hofflächen sorgen für ein besseres städtisches Mikroklima. Regen- und Abwässer werden in Zisternen aufbereitet und für die Energieversorgung der Wärmepumpe sowie für Toilettenspülung und Tröpfchenbewässerung der Grünflächen genutzt. Selbst Erdaushub und Betonabbruch wurden nicht einfach entsorgt, sondern wiederverwendet (Re-Use). So entstanden Wände und Hochbeete aus dem Erdaushub sowie Pflaster aus dem Betonabbruch. Der Einsatz von klimaschädlichem Zement wurde damit auf ein Minimum reduziert.
Die Mieterinnen und Mieter konnten während der gesamten Sanierungsphase in ihren Apartments wohnen bleiben und bezahlen unterm Strich nicht wesentlich mehr Miete als vorher. Die moderate Modernisierungsumlage wird durch die hohen Energieeinsparungen weitestgehend kompensiert. Das Projekt ist auch sozial vorbildlich, zeigt es doch, dass sich Klimaschutz und bezahlbares Wohnen mit klugen Konzepten sehr wohl vereinbaren lassen.