Erfolgsgeschichten für eine neue Sanierungskultur: Branche bereit für Roll-out
Mit über 300 Teilnehmenden, einem Marktplatz der Lösungen, sieben Workshops und vier Campfires endete die Energiesprong Convention am 16. Oktober mit einer zentralen Erkenntnis: Ein weiteres, vielversprechendes Kapitel Sanierungsgeschichte ist bereits in Arbeit. Viele Unternehmen gehen nach der Pilotphase in den Roll-out, Kosten und Baustellenzeiten sinken. Passgenaue Innovationen und neue Produkte entstehen, standardisierte Prozesse nehmen zu. Das sind die Voraussetzung für den künftigen Breitenmarkt.
Schlüsseltechnologie und Wirtschaftszweig

Wie bedeutend der Gebäudesektor für das Erreichen der Klimaneutralität ist, betonte Corinna Enders, Vorsitzende der Geschäftsführung der dena, bei der Eröffnung. Dieser stehe vor großen Herausforderungen. Daher sei es umso wichtiger, diejenigen aus Wohnungswirtschaft und Bauwesen zusammenzubringen, die täglich Verantwortung übernehmen für die Zukunftsfähigkeit unserer Gebäude sowie für bezahlbares und behagliches Wohnen. Sie dankte dem BMWE, das den Markthochlauf für serielles Sanieren seit acht Jahren unterstützt. Die Bundesregierung habe erkannt, dass serielle Sanierungen ein unverzichtbarer Faktor sind, um den Energieverbrauch zu minimieren, Erneuerbare Energien zu erzeugen und CO2 zu speichern. Mit serieller Sanierung als Schlüsseltechnologie entstehe ein neuer Wirtschaftszweig: „Wir gehen davon aus, dass das serielle Sanieren – bei voller Entfaltung seines Potenzials – einen erheblichen Anteil an der Sanierungsrate abdecken kann. Von den notwendigen 2 bis 3 Prozent liegt unser Anspruch für das serielle Sanieren dabei bei 0,5 Prozent. Da wollen wir gemeinsam hin!“

Stephanie von Ahlefeldt, Leiterin der Abteilung II „Energieeffizienz, Wärme, Energieforschung“ im BMWE, hob in ihrer Keynote hervor, dass serielles Sanieren die Bundesregierung bei der Lösung ihrer Aufgaben unterstütze: Erstens trage es durch die Option auf Aufstockung insbesondere in Innenstädten dazu bei, das Wohnraumthema in den Griff zu bekommen. Zweitens erhöhe serielles Sanieren die Bereitschaft in der Bevölkerung, den vom Klimaschutzprogramm auferlegten Sanierungspfad mitzugehen. Drittens steigere sie die Wohnqualität. Um die Erfolgsgeschichten, von denen sie sich zuvor auf dem Marktplatz der Lösungen ein Bild gemacht hatte, auf andere Gebäudetypen auszuweiten, arbeite das BMWE an der Neuauflage der Bundesförderung serielle Sanierung. Sie meine, dass Deutschland im Bereich serielles Sanieren eine Vorreiterrolle hat. So entstünden Exportmöglichkeiten und zusätzliches Wachstumspotenzial für einen Wirtschaftszweig mit hohem Mittelstandsanteil, was den Arbeitsplätzen in Deutschland zugutekomme: „Bleiben Sie neugierig und mutig in Bezug auf serielles Sanieren. Probieren Sie aus, gehen Sie voran. Lassen Sie uns gemeinsam neue und intelligente Lösungen für den Gebäudesektor entwickeln. Sie können sicher sein, wir im BMWE stehen an Ihrer Seite.“

Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des GdW, erwähnte in ihrem Grußwort die vielen Quartiere ihrer Mitgliedsunternehmen aus den 1950er- bis 1970er-Jahren. Diese seien perfekt für das serielle Sanieren geeignet. Als Verband wolle man dies weiter vorantreiben: „Wir haben vor, ab Ende 2025 eine GdW-Rahmenvereinbarung für serielles Sanieren an den Start zu bringen.“ Die Lösungsanbieter forderte sie auf, daran mitzuwirken. Neben der Zusage seitens der dena und des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie als Partner freue man sich sehr, wenn sich das BMWE und das BMWSB an der Ausschreibung beteiligen. „Ich könnte mir vorstellen, dass das dem Markthochlauf im Kreise meiner Mitgliedsunternehmen einen richtigen Kick gibt“, so Ingeborg Esser. Angesichts der vielen Bestände im Bereich Wohnen dürfte sich das auch auf die Skalierung und Kostendegression auswirken.

Uwe Bigalke, Teamleiter des dena-Kompetenzzentrums Serielles Sanieren, blickte in seiner Keynote auf die Anfänge des seriellen Sanierens vor acht Jahren zurück. Inzwischen ist aus einer positiven Vision Realität geworden und aus einzelnen Piloten sind zahlreiche Folgeprojekte hervorgegangen, was auch durch die beständige Unterstützung der Politik ermöglicht worden sei. „Betrachten wir, was im Bereich Mehrfamilienhaus bereits fertiggestellt ist und mit annähernd 20.000 absehbaren Wohneinheiten bis Ende des Jahres in Planung bzw. Vorbereitung ist, bewegen wir uns in einem Markt mit einem Volumen von rund 2 Milliarden Euro. Rechnen wir die damit bereits erreichten CO2-Einsparungen über einen Zeitraum von 30 Jahren zusammen, ist das die erste Million Tonne. Das ist gewaltig.“ Es sei aber noch ein Stück Weg zum Breitenmarkt zu gehen – das jährliche serielle Sanierungsvolumen müsse sich noch um den Faktor 25 erhöhen.
Kosten runter, Tempo rauf
Dass die Richtung stimmt, zeigt eine Evaluation des dena-Kompetenzzentrums Serielles Sanieren, die auf der Convention vorgestellt wurde. Demnach sind die Kosten im Segment Mehrfamilienhaus um rund ein Drittel gesunken. Die Baustellenzeiten halbierten sich durchschnittlich von 14 auf 7 Wochen. Entscheidende Einflussfaktoren für die Kostensenkungen sind Projektgröße und Wiederholungseffekte. Standardisierungen in Planung und Prozessen verstärken diesen Effekt zusätzlich und beschleunigen die Abläufe.
Große Bandbreite marktreifer Fassadenlösungen

Ergänzend dazu schafft der neue, ebenfalls auf der Convention präsentierte Energiesprong-Produktkatalog mehr Transparenz. Er bietet einen kompakten Überblick über modulare Lösungen. 15 Unternehmen stellen darin ihre standardisierten Systeme vor. Die erste Auflage fokussiert die Darstellung von Fassadenlösungen, weitere Kapitel zu Technischer Gebäudeausstattung (TGA) und Dachlösungen sind geplant. Die Initiative zum Katalog ergriffen Stakeholder auf der Energiesprong Convention 2024, umgesetzt wurde er gemeinsam von der dena und den Unternehmen.
Aus dem Netzwerk für die Praxis

Aufbauend auf dem, was bereits heute funktioniert, wurde in sieben Workshops mit Netzwerk-Mitgliedern das erarbeitet, was zukünftig gebraucht wird: Wie kann serielle Sanierung zur Erreichung von Klimazielen genutzt werden und die Zukunftsfähigkeit und den Werterhalt von Immobilien sicherstellen? Welche seriellen Strategien gibt es in Architektur und Stadtentwicklung? Wie gelingt der Einstieg in die serielle Sanierung – von der Erstberatung bis zur Umsetzung? Wie können CO2-Bilanzen, zirkuläre Baustoffe, Rückbaubarkeit und regulatorische Anforderungen in der seriellen Sanierung klug zusammengedacht werden? Wie können vorgefertigte Bauelemente und modulare Heizlösungen die Sanierung von Bestandsgebäuden beschleunigen, Kosten senken und die Energieeffizienz steigern? Welche Chancen bietet die serielle Sanierung bei kommunalen Nichtwohngebäuden? Welche Tools und Modelle nutzt die internationale Energiesprong-Community, um die Zusammenarbeit im Bausektor zu verbessern?
Jetzt und Morgen

An den Campfires präsentierten Akteurinnen und Akteure aus dem Netzwerk inspirierende Erfolgsgeschichten in den Kategorien Einfach, Schnell, Bezahlbar, Gut. Vier davon wählten die Teilnehmenden für das Abschlusspanel aus. Dort wurde gemeinsam diskutiert, wie serielles Sanieren weiter vorangetrieben werden kann. Sebastian Eck, Head of Market Intelligence bei ecoworks, setzt auf ein gutes Verständnis für das Zusammenspiel von Wohnungsunternehmen und Lösungsanbietern sowie auf eine effiziente Projektabwicklung zur Ausweitung auf größere Bestände. Um mehr Projekte im Nichtwohngebäudebereich umsetzen zu können, bräuchte es eine funktionale Ausschreibung anstelle der Losvergabe. Alexander Fuchs, Prokurist bei B&O, beschrieb ein Projekt, wo mit Schnelligkeit in Vorbereitung und Ausführung bis zu 500m2 Fassade pro Tag seriell saniert wurden. Er hofft, dass mit der GdW-Rahmenvereinbarung serielles Sanieren bundesweit antragsfrei wird. Thomas Rolf Hermes, Managing Director Innovation & ESG bei FRANK, berichtete von Einspareffekten, die gemeinsam mit DataB durch eine neue Fassadenlösung und einen verkürzten Produktionsprozess erzielt wurden. Weitere Treiber der seriellen Sanierung sieht er in der Bündelung von Kompetenzen und mehr Kooperation. Für Martina Aschauer, Leiterin ELK TECH Refit, bewährt sich die Kombination aus langjähriger Erfahrung und qualitativ hochwertigen Gesamtkonzepten für einzelne Gebäude. Das BMWE, vertreten durch Volker Bornkamm, Referatsleiter IIA4, wolle mit dem 15 Prozent-Bonus innerhalb der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und einer möglichen Wiederaufnahme der Machbarkeitsstudien die Rahmenbedingungen so setzen, dass das serielle Sanieren weiter vorankommt. Die Förderung seriellen Sanierens hält Ingeborg Esser weiterhin für notwendig. Und mit der geplanten GdW-Rahmenvereinbarung habe man hervorragende Ausgangsbedingungen für die Skalierung. Auch Nico Gorsler, Teamleiter Bau- und Wohnungswirtschaft im dena-Kompetenzzentrum Serielles Sanieren, sieht den Moment gekommen, um das Volumen zu steigern – auf erste Quartiere mit mehr als 1.000 Wohneinheiten bis zur Energiesprong Convention 2026.









