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Düsseldorf: Serielle Quartierssanierungen im XL-Format

In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt laufen aktuell zwei der größten seriellen Sanierungsprojekte in Deutschland. In den Stadtteilen Urdenbach und Stockum werden insgesamt 33.500 m2 Wohnfläche verteilt auf 358 Wohnungen in 57 Mehrfamilienhäusern fit für die klimaneutrale Zukunft gemacht. Zwei gute Gründe für eine Baustellenbesichtigung in Düsseldorf.

Im Rahmen der Energiesprong on tour SUMMER EDITION #Düsseldorf nutzten rund 120 Interessierte die Gelegenheit, serielles Sanieren live mit fliegenden Fassaden und der Montage vor Ort zu erleben, einen Blick hinter die vorgefertigten neuen Gebäudehüllen zu werfen und drei unterschiedliche Sanierungslösungen von drei Gesamtlösungsanbietern kennenzulernen. Auch Daniel Sieveke, Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, und Alexander Rychter, Vorstand des VdW Rheinland Westfalen, machten sich vor Ort ein Bild und diskutierten mit den beteiligten Akteuren über ihre Best Practices und Lessons Learned.

„Ein klimaneutraler Gebäudebestand ist nicht nur politisches Ziel, sondern eine ökologische und ökonomische Notwendigkeit. Die heute präsentierten seriellen Sanierungsprojekte zeigen, dass mit gut durchdachten förderpolitischen Rahmenbedingungen Großes erreicht werden kann“, so der Staatssekretär. Verbands-Chef Rychter ergänzte: „Die sozial orientierte Wohnungswirtschaft in NRW geht bei der Wärmewende mutig voran. Mit seriellen Quartierssanierungen, die Klimaschutz und bezahlbares Wohnen miteinander verbinden.“

Corelli-Quartier: Mehr Komfort und günstiger Mieterstrom

In Düsseldorf-Urdenbach lässt die Rheinwohnungsbau ein 1978 erbautes Quartier mit 16 Mehrfamilienhäusern und insgesamt 140 Wohnungen in vier Bauabschnitten auf ein zukunftsfähiges Effizienzniveau bringen. Die serielle Quartierssanierung, die von der Holzunion umgesetzt wird, soll Ende 2026 abgeschlossen sein.

2020 betrug der CO2-Fußabdruck des Wohnungsbestands der Rheinwohnungsbau 23,6 kg pro m2. Dieser soll bis zum Jahr 2030 auf 16,3 kg/m2 und bis 2045 auf 0–6 kg/m2 sinken. Dabei verfolgt die RWB die „Worst first“-Strategie: Die energetisch schlechtesten Gebäude werden als Erstes saniert, um möglichst schnell eine große Einsparung von Treibhausgasemissionen zu erzielen. In den letzten 15 Jahren hat das Düsseldorfer Unternehmen rund 30 Prozent des 6.185 Wohnungen umfassenden Bestandes energetisch modernisiert. Um die Sanierungsquote bis 2030 von derzeit ca. 2 Prozent auf 3,1 Prozent zu erhöhen, erprobt die RWB serielles Sanieren in großem Maßstab.

Mit einem Primärenergiebedarf von 84 kWh/m2a fällt das Quartier in Energieeffizienzklasse C und gehört somit nicht zu den Worst Performing Buildings. Dementsprechend fällt die Energieeinsparung nach der Sanierung nicht so hoch aus, dass die eingesparten Energiekosten die Modernisierungsumlage ausgleichen. „Die Erreichung der Klimaziele ist eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der jeder seinen Beitrag leisten muss. Wir und auch unsere Mieterinnen und Mieter. Die Kaltmiete steigt moderat, dafür erhöht sich der Komfort und die Heizkosten fallen etwas geringer aus“, erklärt Thomas Hummelsbeck, Geschäftsführer der Rheinwohnungsbau. Zudem profitieren die Bewohnenden von günstigen Mieterstrom-Tarifen, die 10 bis 20 Prozent unter den Konditionen der örtlichen Stadtwerke liegen.

Die Rheinwohnungsbau ist eines der wenigen Wohnungsunternehmen, die ein tragfähiges Mieterstrom-Modell entwickelt haben. 2022 wurde die RWB dafür mit dem Real Green Award der DEENEF ausgezeichnet. Gemeinsam mit dem Start-up Einhundert will man 151 Gebäude mit Photovoltaikanlagen ausstatten. 1.327 Wohnungen können auf diese Weise mit kosten- und umweltfreundlichem Strom versorgt werden. Davon profitieren wird auch das serielle Sanierungsprojekt im Corelli-Quartier.

Lönssiedlung: Warmmietenneutral und minimalinvasiv

Mit 41 Mehrfamilienhäusern und mehr als 200 Wohneinheiten ist die Lönssiedlung in Düsseldorf-Stockum das größte zusammenhängende Quartier der Beamten-Wohnungs-Baugenossenschaft eG (bwb) und macht rund 10 Prozent des Bestandes aus. Die in den 1930er Jahren errichteten 4-Parteien-Häuser punkten vor allem durch ihre Lage im Grünen. Unter dem Aspekt des Klimaschutzes ist die Siedlung hingegen alles andere als grün – viele Häuser fallen in die schlechtesten Energieeffizienzklassen. Deshalb entschloss sich die bwb, das Quartier mit einer seriellen Sanierung nach dem Energiesprong-Prinzip schnell, wirtschaftlich und mieterfreundlich auf Klimakurs zu bringen.

Aufgrund der Größe des Quartiers teilen sich zwei erfahrene Gesamtlösungsanbieter das Projekt. Am 15.7.2024 startete Renowate mit den Häusern in der Irmerstraße 6 sowie Lönsstraße 1, 3, 5 und 7. Mitte September begann pre.formance Saint-Gobain mit der seriellen Sanierung der Häuser in der Ganghoferstraße 27–35 und Allmersstraße 1. Weitere Bauabschnitte sind bereits in der Planung. Die Fertigstellung ist für Anfang 2026 vorgesehen.

Die Durchschnittsmiete der bwb liegt bei 6 Euro pro Quadratmeter. Ein ähnlich günstiger Mietpreis dürfte in Düsseldorf wie ein Sechser im Lotto sein. Rund 37 Mio. Euro investiert die bwb in die Sanierung der Lönssiedlung. Davon sind rund 31 Mio. Euro ein KfW-Darlehen mit 1,51 Prozent bzw. 2,11 Prozent Zinsen und 40 Prozent Tilgungszuschuss. Lässt sich eine Quartierssanierung dieser Größenordnung warmmietenneutral umsetzen? Ja, lautet die Antwort von bwb-Vorstand Guido Sinn: „Einige Arbeiten werten wir als Instandhaltungsmaßnahmen und legen somit nicht alle Kosten auf unsere Mieterinnen und Mieter um. Aus unserer Erfahrung ist eine serielle Sanierung schon heute günstiger als eine konventionelle. Wir haben weder Mietausfälle noch Mietminderungen und generieren durch den Dachausbau zusätzliche Mieteinnahmen.“

Quartierssanierungen: Zeit ist Geld

Eine Frage, die alle brennend interessiert: Greifen in Quartieren dieser Größenordnung kostensenkende Skaleneffekte? Durchaus, denn die Planung für den im Quartier vorhandenen Gebäudetyp und Projektsonderlösungen muss nur einmal erstellt werden und lässt sich dann auch bei etwaigen Toleranzen leicht adaptieren.

Für Saint-Gobain pre.formance resultiert die Ersparnis vor allem aus optimierten Abläufen und beschleunigten Prozessen: „Für die serielle Sanierung von 19 Mehrfamilienhäusern haben wir in der Lönssiedlung 14 Monate gebraucht. Das entspricht rund 3 Wochen pro Gebäude. Bei einem Einzelprojekt hätte es 15 Wochen und damit fünfmal so lange gedauert“, bringt Geschäftsführer Michael Langkau die Vorteile auf den Punkt. Ein weiterer Pluspunkt ist das Rundum-Sorglos-Paket zum Festpreis. Die sonst üblichen Nachträge fallen beim seriellen Sanieren in der Regel nicht an. Auch zusätzliche Kosten aufgrund von Planungs- und Ausführungsfehlern sind durch die digitale Planung und automatisierte Vorfertigung nahezu ausgeschlossen.

Wie alle Innovationen ist serielles Sanieren anfangs noch etwas teurer als eine konventionelle energetische Modernisierung. Die innovationstypischen Kostennachteile werden durch den BEG-Bonus ausgeglichen. Damit halten sich serielle und konventionelle Sanierungslösungen kostenmäßig in etwa die Waage. Bezieht man allerdings noch andere Faktoren mit ein, wie die Zeitersparnis, die höhere Qualität und die Sanierung in bewohntem Zustand, ist serielles Sanieren bereits heute oft schon wirtschaftlicher. Mittelfristig muss sich der innovative Sanierungsansatz selbstverständlich ohne staatliche Förderung am Markt behaupten.

Während das Kostensenkungspotenzial konventioneller Lösungen weitestgehend ausgereizt ist und die Preise künftig inflationsbedingt steigen dürften, ist bei seriellen Sanierungslösungen noch viel Luft nach unten. Aktuell wird innerhalb der Branche gezielt an den größten Kostentreibern gearbeitet. Ziel ist ein Quadratmeterpreis von unter 1.000 Euro. Und über die Masse wird perspektivisch auch der Preis klasse.

Pressekontakt

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Ariane Steffen

Kommunikation Wohnungswirtschaft und Nichtwohngebäude

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