Bayern setzt zum Energiesprung an
Im vergangenen Jahr war Bayern serieller Sanierungsspitzenreiter. 2024 haben hier 433 Projekte mit insgesamt 1.656 Wohneinheiten den 15-prozentigen BEG-Bonus erhalten. Damit hat der Freistaat das bislang führende Bundesland Nordrhein-Westfalen (141 Projekte mit 1.614 Wohneinheiten) überholt. Ein willkommener Anlass, um der bayerischen Aufbruchstimmung im Rahmen einer Energiesprong on tour nach Oettingen auf den Grund zu gehen.

Im vergangenen Jahr war Bayern serieller Sanierungsspitzenreiter. 2024 haben hier 433 Projekte mit insgesamt 1.656 Wohneinheiten den 15-prozentigen BEG-Bonus erhalten. Damit hat der Freistaat das bislang führende Bundesland Nordrhein-Westfalen (141 Projekte mit 1.614 Wohneinheiten) überholt. Ein willkommener Anlass, um der bayerischen Aufbruchstimmung im Rahmen einer Energiesprong on tour nach Oettingen auf den Grund zu gehen.

Taglieber: Ausgezeichnete Nachhaltigkeit
Taglieber Holzbau zählt zu den Vorreitern der seriellen Sanierung. Das Familienunternehmen setzt sich in zahlreichen Branchenverbänden für das Thema ein. „Wenn wir die Klimaziele bis 2045 erreichen wollen, führt kein Weg an serieller Sanierung vorbei“, betont Seniorchef Erwin Taglieber. 1987 übernahm er die Zimmerei mit sieben Mitarbeitern von seinem Vater und baute sie zu einem mittelständischen Holzbauunternehmen aus, das heute 240 Mitarbeitende beschäftigt. 2024 hat Erwin Taglieber das Unternehmen an seine Kinder Christine, Franziska und Stefan übergeben, die das Familienunternehmen in vierter Generation gemeinsam weiterführen – die Expertise ihres Vaters als Berater aber weiterhin suchen und schätzen.
Seit 2021 ist der Seniorchef Präsident des Holzwirtschaftsrates und vertritt dort die Interessen der 70.000 deutschen Holzbauunternehmen und ihrer 650.000 Mitarbeitenden, die insgesamt einen Jahresumsatz von rund 120 Milliarden Euro erwirtschaften. In dieser Funktion ist Erwin Taglieber Ansprechpartner der Bundesregierung sowie der Landes- und Kommunalpolitik zu allen Fragestellungen rund um die Wertschöpfungskette des Rohstoffs Holz. Im Rahmen seiner Präsidentschaft engagiert sich Taglieber besonders für die Themen Kreislaufwirtschaft, Recyclingfähigkeit und Ökobilanzierung.
2025 wurde Taglieber Holzbau mit dem deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. In ihrer Laudatio lobte die Jury das familiengeführte Unternehmen als Vorreiter in Sachen Klimaschutz, der die richtigen Signale in seine Branche und darüber hinaus sendet. Mit der Verarbeitung nachhaltiger Materialien, dem Einsatz klimafreundlicher Produktionstechnik, der Förderung regionaler Lieferketten und der Ausbildung der Fachkräfte von morgen treibt Taglieber Holzbau die Bauwende aktiv voran.

Holzbau 4.0: Computergestützte Präzision
Was vor mehr als 100 Jahren als kleiner Handwerksbetrieb als Nebenerwerb begann, ist heute ein innovatives Unternehmen, in dem Automatisierung, Digitalisierung und Standardisierung völlig neue Möglichkeiten und Geschäftsfelder eröffnen. Das Spektrum von Taglieber reicht vom Möbelbau über den 12-geschossigen Neubau bis zur seriellen Sanierung. „Viele halten serielles Sanieren für die Zukunft der Bestandssanierung. Für uns ist es längst Gegenwart und seit 2015 Teil unseres täglichen Geschäfts“, macht Geschäftsführerin Christine Manz deutlich.
Im Rahmen des Exkursionsformats Energiesprong on tour hatten 60 Interessierte am 22.7. die Gelegenheit, Holzbau 4.0 im Werk von Taglieber inklusive ebenso kompetenter wie unterhaltsamer Erläuterungen von Gabriel Fuchs, Bereichsleiter Sanierung, live zu erleben. Jedes serielle Sanierungsprojekt startet mit einer millimetergenauen Vermessung der Gebäude per 3D-Laserscan. Aus den zu einer Punktwolke verdichteten Messdaten wird ein BIM-Modell generiert, das die Planungsgrundlage für die Produktentwicklung und Vorfertigung der Dach- und Fassadenelemente bildet. Was am digitalen Gebäudezwilling geplant wurde, bildet die Datengrundlage für den automatisierten Fertigungsprozess. Fassadenelemente werden inklusive Dämmung, Fenstern, Lüftung, Leerrohren, Rollläden und der gewünschten Oberfläche komplett im Werk vorgefertigt.

„In die vorgefertigten Fassadenelemente lässt sich auch die TGA integrieren. Serielles Sanieren eröffnet damit eine minimalinvasive und mieterfreundliche Alternative zur konventionellen Strangsanierung“, erläutert Gabriel Fuchs. Serielle Fertigung bedeutet übrigens nicht, dass das immer Gleiche in hoher Stückzahl repliziert wird. Jedes Fassadenelement ist eine Maßanfertigung, die nur an einer bestimmten Stelle des Gebäudes passt. Ermöglicht wird die individualisierte Serienproduktion durch Industrie & Handwerk 4.0. So können Fassaden- und Dachelemente in verschiedenen Abmessungen und für unterschiedliche Befestigungsmechanismen hergestellt werden.

Die bis zu 12 Meter langen, geschosshohen Fassadenmodule werden per Tieflader vom Werk zur Baustelle ins 40 Minuten entfernte Weißenburg transportiert. Vor Ort werden die vorgefertigten Module nur noch montiert. Braucht man mit konventionellen Verfahren je nach Gebäudetyp und -größe mehrere Monate, um eine Fassade zu dämmen, sind es bei der seriellen Sanierung wenige Wochen. Kreislauffähigkeit ist beim seriellen Sanieren kein Muss, perspektivisch aber ein großes Plus. Denn vorgefertigte Fassaden-, Dach- und Technikmodule können zu Materiallagern werden – wenn die Weichen schon während der Planung in Richtung Zirkularität gestellt werden. Dann können seriell vorgefertigte Fassadenelemente als Rohstoffdepot für die nächste Fassadengeneration dienen.

WG Eigenheim Weißenburg: Regionaler Vorreiter
Seit 2015 hat Taglieber 64 serielle Sanierungsprojekte realisiert. Von den dort gesammelten Erfahrungen profitiert das aktuelle Projekt in Weißenburg. Die Wohnungsgenossenschaft Eigenheim eG Weißenburg ist eine von 352 Wohnungsgenossenschaften in Bayern. Mit über 53.000 m2 Wohnfläche verteilt auf 800 Wohnungen ist sie der größte Vermieter im Landkreis Altmühlfranken. Die serielle Sanierung eines Quartiers in der Geheimrat-Dr.-Dörfler-Straße ist eine Premiere in der Region. „Wir wollen zeigen, dass serielles Sanieren auch für kleine Wohnungsgenossenschaften eine wirtschaftliche Alternative sein kann, wenn sie mit regionalen Partnern zusammenarbeiten“, erklärt Vorstand Thomas Hanke. Mit Taglieber habe man einen Partner gefunden, der eine maßgeschneiderte Lösung entsprechend der individuellen Vorstellungen und finanziellen Möglichkeiten geplant hat und diese bis Ende 2027 umsetzt.

Die sechs Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 81 Wohnungen wurden Anfang der 50er Jahre gebaut und sind energetisch nicht top, aber auch kein Flop. Da sie vor 1957 gebaut wurden und bislang ungedämmt sind, fallen sie trotzdem in die Kategorie Worst Performing Buildings – und das zahlt sich für Thomas Hanke aus: Von der Investitionssumme von 1,2 Mio. Euro für den ersten Bauabschnitt sind 1,1 Mio. Euro über die KfW förderfähig. Den KfW-Kredit gibt es zu einem Zinssatz von 1,9 Prozent für 10 Jahre. Da der KfW 55-Stabdard erreicht wird, kann Hanke einen Tilgungszuschuss von 15 Prozent in Anspruch nehmen. Hinzu kommen ein 10-prozentiger Tilgungszuschuss für Worst Performing Buildings sowie der 15-prozentige Bonus für Serielles Sanieren. Unterm Strich summiert sich das auf 385.000 Euro und sorgt dafür, dass sich auch eine Wohnungsgenossenschaft mit einer Durchschnittsmiete von 5,80 Euro pro Quadratmeter serielles Sanieren leisten kann.

Die Kosten der seriellen Sanierung liegen bei 1.300 Euro vor Förderung. Möglich ist dieser vergleichsweise günstige Preis, weil in Weißenburg ein Low-Tech-Konzept umgesetzt wird. Auf eine Lüftungsanlage wurde ebenso verzichtet wie auf Photovoltaikmodule auf dem Dach oder ein Mieterstrommodell. Nichtsdestotrotz ist das serielle Sanierungsprojekt ein Gewinn – für die Wohnungsgenossinnen und -genossen, für die WG Eigenheim Weißenburg, für Taglieber und für die Umwelt.